Das Familienministerium präsentiert: Hier ein Herzchen, da ein bisschen Hetze gegen Juden

Im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gibt es immer etwas zu tun. Und Hausherrin Manuela Schwesig sorgt höchstpersönlich dafür, dass das auch so bleibt. Noch am Dienstag feierte sie ausgelassen den 30. Geburtstag des „Frauenministeriums“. Nur einen Tag später bog sie mit dem Vorschlag ums Eck, zahlungsunwilligen Elternteilen den Führerschein zu entziehen. Dabei hatte sie schon in den letzten Tagen und Wochen alle Hände voll damit zu tun, den ersten Jahrestag des „ElterngeldPlus“ zu begehen,  Schulabbrechern in Schwerin mental und finanziell zur Seite zu stehen, Führungspositionen auch Frauen in Teilzeit zugänglich zu machen und mobile Spielplätze vor deutsche Flüchtlingsunterkünfte zu schicken.

Umso beachtlicher ist es, dass sie bei all dem Stress noch dazu kommt, sich um die Dinge zu kümmern, die wirklich zählen – zum Beispiel Hassrede im Internet. Erst letzte Woche stellte sie die "No Hate Speech" Kampagne vor, mit der sie „ein weiteres Zeichen gegen Hass und Gewalt“ setzen möchte. Eine durchaus reizvolle Idee. Noch schöner wäre sie allerdings, wenn Manuela Schwesig nicht gleichzeitig ein anderes Projekt fördern würde, das auch ambitionierten „Israelkritikern“ Asyl gewährt. Gerne wüsste man, was genau das BMFSFJ eigentlich unter „Hass“ versteht. Mehr noch: Wo verläuft eigentlich die Grenze zwischen Hetze und Kritik? Grund genug, bei den direkt Zuständigen – Staatssekretär Dr. Ralf Kleindiek und Thomas Heppener (Chef des hauseigenen Bundesprogramms „Demokratie leben“, vormals Direktor des Anne Frank Zentrums) -  einmal nachzufragen.

Sehr geehrter Herr Dr. Kleindiek, sehr geehrter Herr Heppener,

mit großem Interesse habe ich zur Kenntnis genommen, dass die „No Hate Speech“ Kampagne des Europarats nun mit Unterstützung von Familienministerin Manuela Schwesig auch in Deutschland an den Start geht.  Der Website des Ministeriums entnehme ich, dass es bei „No Hate Speech“ darum geht, „ein weiteres Zeichen gegen Hass und Gewalt setzen“ - denn „Hass ist keine Meinung“, so Frau Schwesig. Das klingt soweit nachvollziehbar. Allerdings vermisse ich seitens des Ministeriums eine genaue Definition dessen, was „Hass“ überhaupt bedeutet. Der Duden besagt zwar, dass es sich dabei um „ein starkes Gefühl der Ablehnung und Feindschaft gegenüber einer Person, Gruppe oder Einrichtung“ handelt. Aber wenn eine oberste Bundesbehörde Hass bekämpfen will, wüsste ich auch gern, wo genau denn in den Augen der Verantwortlichen Kritik endet und Hass beginnt.

Genau diese Frage stellte ich mir nämlich schon im Mai diesen Jahres, als ich über das Projekt „i,Slam“ stolperte. (Meinen Text dazu finden Sie hier, ebenfalls in der „Jüdischen Rundschau“ erschienen.) Wie Sie ja wissen, wird dieses Projekt – genauer: der dazugehörige „i,Slam Kunstwettbewerb für sozial- und gesellschaftskritische Kunst“ unter Schirmherrschaft von Manuela Schwesig – im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben“ und somit ebenfalls von Ihrem Haus gefördert. Bei i,Slam handelt es sich um Poetry Slam für junge Muslime mit entsprechenden Themen (Islamophobie, Rassismus, usw.). Im Gegensatz zu konventionellen Poetry Slams werden die Beiträge bei i,Slam vorab von den Verantwortlichen überprüft, um blasphemische Texte präventiv aus dem Verkehr ziehen zu können. Denn „der i,Slam soll ein sauberer Slam sein“, betonen die Initiatoren.

Nur wenn es um Juden und Israel geht, machen die i,Slamisten gerne mal eine Ausnahme. Von „dreckigen Zionisten“ war etwa bei einem Poesie-Abend in Braunschweig die Rede. Der i,Slam-Mitarbeiter Ilhan Hancer sinnierte am selben Abend ebenfalls über einen interessanten Vergleich: „Was ist der Unterschied zwischen Juden und Muslimen? Die Juden haben es hinter sich.“ Darüber hinaus beteiligte sich i,Slam mit einem „Street Slam for Justice“ an den Pro-Gaza-Protesten im Sommer 2014. Im Rahmen dessen wurde viel über das Unrecht in Gaza geklagt, für das die Nachwuchs-Dichter allerdings stets die israelische Regierung, nie aber die Verursacherin des damaligen Konflikts, nämlich die Terrorgruppe Hamas verantwortlich machen.

Diese Umkehr der Rollen inklusive Klagelied ist zwar mittlerweile Volkssport in Deutschland. Aber das ändert nichts daran, dass auch bei den Demokraten von i,Slam nicht konkrete Handlungen der israelischen Regierung kritisiert werden, sondern vielmehr der Umstand, dass Israel sich überhaupt verteidigt.

Generell scheint die Befreiung Palästinas ein wichtiges Anliegen vieler i,Slam-Poeten zu sein. Vor allem die deutsch-palästinensische i,Slam-Aktivistin Faten El-Dabbas wirkt dahingehend sehr engagiert. Nur versteht sie darunter offenkundig nicht die Befreiung Gazas von der Hamas. Auch die Gründung eines palästinensischen Staates in Grenzen, die mit den israelischen Sicherheitsinteressen in Einklang stehen, wäre gemäß ihren Werken nicht ganz nach ihrem Geschmack. Sie möchte offenbar lieber ganz Israel, darunter etwa die israelische Hafenstadt Jaffa, die zu Tel Aviv gehört, in palästinensischer Hand sehen.

Diesen Wunsch artikulierte Frau El-Dabbas im Übrigen auch schon recht deutlich im Berliner Willy-Brandt-Haus. Dort dichtete sie vor Publikum über die Befreiung Palästinas sowie über Mauern, Siedlungen, Soldaten, Panzer und F16-Raketen der Israelis, die sich doch bitte in Luft auflösen mögen. Man muss kein promovierter Nahostexperte, Militärwissenschaftler oder Germanist sein, um zu wissen, dass ein völlig unbewaffnetes Israel inmitten von Hamas, Fatah und IS keine Sekunde überleben würde. [Video - Abschrift des Gedichts]

Mir ist bewusst, dass solche Intoleranz bei „Demokratie leben“ natürlich nicht so sehr im Mittelpunkt steht wie etwa rechtsextreme Propaganda. Aber Ihnen als Experten für gelebte Demokratie und praktische Toleranz wird ja trotzdem geläufig sein, dass Antisemitismus keineswegs nur Springerstiefel trägt, sondern sich schon seit Jahrzehnten auch in dem Wunsch und der Absicht manifestiert, den jüdischen Staat zu zerstören.

Sowohl die „No Hate Speech“ Kampagne als auch der „i,Slam Kunstpreis“ werden mit Mitteln des Bundesprogramms „Demokratie leben“ gefördert, für das jährlich 50,5 Mio. Euro zur Verfügung stehen. Der geplante Etat für 2017 wurde nun nahezu verdoppelt und auf 104,5 Mio. Euro erhöht, um noch mehr gegen Rassismus und Menschenfeindlichkeit zu unternehmen.

Als außenstehende Beobachterin frage ich mich nur, ob es nicht einen kleinen Interessenkonflikt gibt, wenn das Ministerium eine beherzte Kampagne gegen Hate Speech startet, gleichzeitig aber Hass und Hetze gegen Israel sponsert. Und als Steuerzahlerin wüsste ich gerne, warum ich erst die Verbreitung und Etablierung von Hass bezahlen muss, nur um hinterher dessen Eindämmung zu finanzieren.

Es sei denn freilich, es handelt sich bei der Poesie einiger i,Slamisten Ihrer Ansicht nach nicht um antisemitische Hetze, sondern um „gesellschafts- und sozialkritische Kunst“ - und bei Judenhass nicht etwa um „gewöhnlichen“ Hass, sondern um eine Meinung, die man nicht nur akzeptieren, sondern vielmehr im Rahmen eines Wettbewerbs mit Steuergeld fördern muss.

Aus diesem Grund wüsste ich gerne, wie das Familienministerium diesen Begriff definiert, wo genau also Kunst und Kritik enden und Hass beginnt.

In freudiger Erwartung Ihrer Antwort verbleibe ich mit bestem Gruss nach Berlin

Jennifer Nathalie Pyka


Dazu passend: „Hat das Bundesfamilienministerium Islamisten unterstützt?" Hier geht weiter.

Zuerst auf der "Achse des Guten" erschienen.


Audiatur et altera pars:

Die Kampagne für mehr Herzen informiert - https://twitter.com/NoHateSpeechDE/status/751054684060839936

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